Die Bündnispartner*innen des „Thüringer Appells“, darunter die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege, der Sozialverband VdK, der Landessportbund, der Flüchtlingsrat und der BUND, blicken mit großer Sorge auf die aktuelle Haushaltslage in Thüringen. Auch angesichts des fehlenden Bundeshaushalts und der unklaren Kofinanzierung vieler Projekte aus Bundes- und Landesmitteln fordern die Akteur*innen, den Landeshaushalt 2025 zügig zu verabschieden.
„Die Beschäftigten und die Menschen in Thüringen dürfen nicht die Leidtragenden für die Übergangssituation nach den Wahlen und die daraus resultierenden Verzögerungen sein. Ohne einen durch den Landtag beschlossenen Landeshaushalt drohen wichtige Projekte stillzustehen. Es fehlt die Planungssicherheit für Verbände, Einrichtungen und freie Träger, die unverzichtbarer Teil der Daseinsvorsorge sind, und für ihre Beschäftigten. Das ist ein untragbarer Zustand.“
Thüringen steht vor einem doppelten Problem: Der fehlende Bundeshaushalt blockiert wichtige Mittel, die auf Landesebene oft kofinanziert werden müssen. Zugleich droht durch die Verzögerung des eigenen Landeshaushalts ein lähmender Stillstand in vielen Bereichen, der Bildung und Kultur bis hin zu sozialen Projekten reicht.
„Wir brauchen jetzt entschlossenes Handeln der Thüringer Abgeordneten, damit es nicht zu einem Kahlschlag bei den Angeboten kommt. Die Menschen müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Bedürfnisse trotz der politischen Unsicherheiten ernst genommen werden“, so Sternatz weiter.
Der DGB mahnt, dass gerade in Zeiten großer Unsicherheiten soziale Stabilität und öffentliche Daseinsvorsorge oberste Priorität haben müssen. „Es wurde ein „technischer Haushalt“ in den Landtag eingebracht. Nun gilt es, Finanzierungslücken bei Sozialem, Kultur, Sport, Umweltschutz, Demokratie und Integration zu verhindern und Sicherheit zu schaffen. Die schnelle Verabschiedung des Landeshaushalts 2025 ist essenziell, damit es weiterhin Perspektiven für Beschäftigte, Betriebe und die Menschen in Thüringen gibt“, betont Sternatz abschließend.
Die Bündnispartner*innen betonen, welche Projekte ohne Landeshaushalt nicht stattfinden könnten und was Thüringen verlieren würde:
Katja Glybowskaja, Vorsitzende der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege:
„Zum ersten brauchen wir dringend einen Landeshaushalt 2025. Und zum zweiten brauchen wir diesen Haushalt so, dass er sich an den tatsächlichen Bedarfen orientiert. Sonst setzt er die soziale Infrastruktur in Thüringen massiv unter Druck, bedroht wichtige Angebote, Projekte und Personalstellen. Ganz konkret denken wir an die Kürzungen, die den Verbraucherinsolvenzberatungsstellen, der Asylverfahrensberatung und der Migrationsberatung für Erwachsene im Haushaltsentwurf bevorstünden. Auch in Sachen Ausfinanzierung von Gewaltschutzeinrichtungen für Frauen – und damit die verpflichtende Umsetzung der Istanbul-Konvention – ist der Entwurf unzureichend. Außerdem: Keinesfalls darf der Haushalt auf den Finanzmitteln aus 2024 fußen – das würde die tariflichen Anpassungen und andere Kostensteigerungen der Träger sozialer Angebote missachten. Das ist eine Mittelreduzierung durch die Hintertür und wird der guten Arbeit unserer über 60.000 Beschäftigten in Thüringen nicht gerecht.“
Thomas Zirkel, Hauptgeschäftsführer des Landessportbundes Thüringen:
„Wir sehen neben weiteren Projekten insbesondere die Integrationsarbeit im und durch Sport gefährdet. Der Sport erleichtert Menschen das Ankommen in Thüringen durch seine niedrigschwelligen Angebote. Beim Landessportbund sind fünf regionale Fachkräfte Integration durch Sport angestellt. Sie koordinieren Integrations-Netzwerke, vermitteln sportinteressierte Geflüchtete, organisieren Sportangebote und unterstützen Sportvereine in ihren Integrationsmaßnahmen zum Beispiel durch Beratungen. Einjährige Förderzeiträume gefährden auf Dauer nicht nur die Sport- und Integrationsarbeit, sie führen auch zur Abwanderung von Fachkräften aus Thüringen. Deshalb passen sie nicht zu den langfristigen Aufgaben, die Verbände für den Staat wahrnehmen. Die Ungewissheit des fehlenden Landeshaushalt steigert die Unsicherheiten in diesem Jahr zusätzlich“, erklärt LSB-Hauptgeschäftsführer Thomas Zirkel.
Jörg Kubitzki,stellv. Landesvorsitzender Sozialverband VdK Hessen-Thüringen:
„Als Sozialverband VdK Hessen Thüringen erwarten wir vom Thüringer Landtag und der zukünftigen Landesregierung, dass bestehende Landesprogramme, wie das Programm „Zusammenleben der Generationen“ und bestehende Programme zur Finanzierung von Beratungsstellen für Menschen mit Beeinträchtigungen, Frauenhäuser und Maßnahmen der Inklusion ab den 01.01.2025 nahtlos fortgeführt werden. Wir fordern die Abgeordneten des Thüringer Landtages auf, zügig einen Haushalt zu verabschieden, der keine Einschnitte in die soziale Daseinsvorsorge verursacht.“
Juliane Kemnitz, Flüchtlingsrat Thüringen e.V.:
„Die Integrationsrichtlinie soll um 2 Millionen gekürzt werden, die Landesaufnahmeprogramm Syrien und Afghanistan beendet werden. Einerseits werden beständig Integrationsleistungen von Geflüchteten und Migrant:innen eingefordert, andererseits werden Beratungs- und Unterstützungsangebote für sie massiv eingestampft. Die Landesaufnahmeprogramme waren eine der wenigen Möglichkeiten für legale Fluchtmöglichkeiten aus Krisenregionen. Angesichts der aktuellen Entwicklungen in Syrien und Afghanistan, ist das nicht nachzuvollziehen. Die Angehörigen hier kommen für alle Lebenshaltungskosten auf, die Programme sind kostengünstig für das Land Thüringen und ermöglichen vielen hochqualifizierten Kolleg:innen, sich um ihre Angehörigen kümmern zu können. Auch die Kürzungen in der Integrationsrichtlinie sind zu kritisieren: Seit Jahren arbeiten die Mitarbeiter:innen unter prekären Bedingungen in diesem Bereich, jedes Jahr wird die Förderung in Frage gestellt. Wo bleibt die Anerkennung für das Engagement vor Ort? Durch die Kürzungsvorschläge sind auch die Strukturen und Projekte der Migrant:innenorganisationen gefährdet, obwohl sie eine Schlüsselrolle als Brückenbauer für gesellschaftliche Teilhabe bedeuten.“
Sebastian König, Landesgeschäftsführer BUND Thüringen e.V.:
„Umwelt- und Naturschutz warten nicht auf Regierungsbildungen und Landeshaushalte. Genauso wenig wie Projekte für unsere bedrohten Arten und Lebensräume, an denen außerdem viele Projektstellen hängen. Deshalb fordern wir die Abgeordneten des Thüringer Landtags auf, den Landeshaushalt auf den Weg zu bringen und unsere Thüringer Natur und die Menschen, die diese schützen, nicht im Regen stehen zu lassen.“